Der aktuelle Umgang mit Russland ist für die Dresdner Künstlerin Angela Hampel „eine Katastrophe“. Das zeigt sich für sie besonders im Fall Skripal. Deshalb hat sie mit anderen einen Offenen Brief an Kanzlerin Angela Merkel geschrieben. Gegenüber Sputnik erklären die Malerin und ihr Kollege Thomas Müller das Anliegen.
Sie habe den Entwurf des Offenen Briefes an Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Skripal-Fall nach langem Nachdenken und schlaflosen Nächten geschrieben. Das berichtete die Dresdner Künstlerin Angela Hampel im Gespräch mit Sputniknews. Sie hatte das Schreiben, das inzwischen immer mehr Unterstützer findet, angeregt. Das sei geschehen, „weil ich der Meinung bin, dass der Umgang speziell mit Russland eine Katastrophe ist“. Sie habe eine innere Beziehung zu dem Land und sei auch dort gewesen, als es noch Teil der Sowjetunion war. Deshalb sei es ihr ein Herzensanliegen gewesen, sich bei dem Thema zu äußern.
„Diese permanente offene Russland- oder Putin-Hatz“ ärgere sie schon lange und mache ihr „ganz üble Gefühle“, beschrieb Hampel ihre Beweggründe. Der Fall um den mutmaßlich vergifteten Doppelagenten Sergej Skripal erinnere sie persönlich unter anderem an die deutsche Lüge vom Überfall auf den Sender Gleiwitz. Das sei dasselbe Vorgehen, nach dem alten Räuber-Prinzip zu rufen „Haltet den Dieb!“. „Das halte ich für ein Land wie Deutschland, das so viel Dreck am Stecken hat, gerade gegenüber Russland, für völlig verfehlt und geradezu amoralisch. Das ist für mich akzeptabel.“
Brief an Kanzlerin und an Fraktionen geschickt
Der Offene Brief sei mit einigen Unterstützenden entstanden, schilderte die Künstlerin das Entstehen. Sie habe einige Freunde und Bekannte aus ihrem Umfeld angesprochen, ob sie das mittragen würden. Ein anderer Maler, Thomas Müller alias „TM Rotschönberg“, habe daraufhin die Passage beigesteuert, in der Merkel an ihre Arbeit als Physikerin erinnert wird:
„Erinnern Sie sich bitte an die Zeit, als sie noch Physikerin waren. Wenn ein Physiker ein Elementarteilchen entdeckt hatte, oder ein Chemiker eine neue Substanz synthetisieren konnte: welche präzisen und unwiderlegbaren Argumente mußte er präsentieren, damit diese Erkenntnisse in das betreffende Fachgebiet aufgenommen wurden. Da nützte es nicht, mit einer Machtgeste oder medialem Rummel zu operieren. Es waren stringente Beweise gefordert.“
Sie sei selbst eher emotional, sagte Hampel, und froh, dass ihr Maler-Kollege diesen eher nüchternen Blick einbrachte. Das Schreiben sei bereits an die Bundeskanzlerin übermittelt, per E-Mail und auch als Brief per Post, wie Hampel berichtete. Die Fraktionen im Bundestag hätten es ebenfalls erhalten, ebenso wie Persönlichkeiten wie Matthias Platzeck und Gabriele Krone-Schmalz und das Deutsch-Russische Forum. Reaktionen darauf habe sie noch nicht, sagte sie am Donnerstag, und fügte hinzu: „Vielleicht wird das ja noch.“
„Meinung ersetzt zunehmend Wahrheit“
Ihn habe vor allem die Frage nach der Wahrheit und wie weit Politiker an dieser bleiben bewegt, erklärte Müller gegenüber Sputnik. Der Skripal-Fall bzw. die offiziellen Behauptungen zu diesem zeigen für ihn, wie weit so etwas von der Wahrheit entfernt ist. Deshalb habe er den Brief unterstützt und die entsprechenden Passagen beigesteuert. Nicht nur in der politischen Praxis werde inzwischen allgemein angezweifelt, ob es überhaupt so etwas wie Wahrheit gibt, erinnerte er. Immer mehr werde die Meinung an die Stelle der Wahrheit gesetzt. Damit finde er sich nicht ab.
Im konkreten Fall müsse von Großbritannien und seinen Unterstützern wie der Bundesregierung offen gelegt werden, welche Beweise es für den mutmaßlichen Giftanschlag auf Skripal und dessen Tochter gibt. Die reine Behauptung reiche nicht aus, so Müller, der früher als Chemiker gearbeitet hat.
Die Redaktionen der Zeitung „Neues Deutschland“ und der „Sächsischen Zeitung“ haben laut Hampel den Brief ebenfalls erhalten. Aber nur das Blatt in Dresden hat bisher einen kurzen Bericht dazu gebracht.
„Politik muss das zur Kenntnis nehmen“
„Mir platzt jetzt fast der Computer“, beschrieb sie die E-Mail-Flut von Menschen, die den Offenen Brief unterstützen wollen. Sie sei über das hohe Maß an Zustimmung überrascht, die sie bisher erreicht habe. Damit habe sie gar nicht gerechnet. „Wenn das so viele Leute sind, die ähnlich denken, dann ist man nicht so allein, wie ich am Anfang dachte. Das wäre etwas, was auch von der Politik zur Kenntnis genommen werden müsste, gerade in diesem Fall.“
Die Malerin betonte: „Ich wollte gern noch Leute ermutigen, weil es ja jetzt so, dass sich kaum einer mehr traut, irgendwo den Mund aufzumachen. In dieser Angelegenheit gar nicht.“ Viele würden sich nicht einmal für ihre ureigenen Interessen mehr einsetzen.
„Ich denke, dass gerade Künstler und Künstlerinnen auch eine politische Aufgabe und Verantwortung haben, über die Selbstbefriedigung durch die eigene Arbeit hinaus.“
Allerdings nutze sie nicht die sogenannten Sozialen Medien als Plattform. Die Künstlerin überlegt nach ihren Worten derzeit mit ihren Unterstützern, wie sie den Text online stellen können. Das bestätigte ihr Maler-Kollege TM Rotschönberg gegenüber Sputnik, konnte aber noch nichts Konkretes dazu sagen.